Mein offener Brief an den SBB

der Brief als pdf:

http://www.falkzedler.de/offenerbrief.pdf




Umfrage durchgeführt - Ergebnisse ignoriert
ein offener Brief an den Vorstand des Sächsischen Bergsteigerbundes (SBB)
  
Die  Frage,  ob  sich  das  sächsische  Klettern  gegenüber  modernen  Einflüssen  öffnen  sollte,  oder  in erster  Linie  der  Tradition  verpflichtet  sei,  wird  im  SBB  seit  Jahren  diskutiert. „Sportkletterer bilden eine zu vernachlässigende Minderheit“ - damit blieb stets alles beim Alten. Um diesem Argument auf den Grund zu gehen, gab es 2013 eine Umfrage, auf deren Basis der SBB im Herbst 2014 ein Konzept zur weiteren Entwicklung des Sports veröffentlicht hat.

Aus der Zusammenfassung der vom SBB veröffentlichten Umfrage-Ergebnisse:
„Die große Mehrheit der Befragten befürwortet den Erhalt des traditionellen Sächsischen Kletterns und eine Fortsetzung der Entwicklung wie bisher.“
Aus der Zusammenfassung der Bachelor-Arbeit von Jano Pascher, deren Thema die Auswertung der Umfrage war:
„Mit der in dieser Arbeit gewählten Einteilung (siehe Kap. 8.2) ergibt sich, dass nur 35,0 % der Teilnehmer deutlich hinter den aktuellen Regeln stehen.“

In der Umfrage geben 75% der Teilnehmer an, dass sich das Klettern so weiterentwickeln sollte wie bisher. 46% der Teilnehmer wollen eine Öffnung gegenüber modernen Einflüssen. Es gibt also entweder 121% Kletterer, oder es gibt Leute, die der Meinung sind, Alt und Neu müssen sich nicht ausschließen.
Unter Punkt 1 im Konzept zur Bergsportentwicklung heißt es: „Als wichtigste Zukunftsaufgabe sehen wir die Erhaltung der Sächsischen Klettertradition, …“. Das ist richtig und entspricht dem Willen der Kletterer. Wenn alle Wege unangetastet bleiben, wird die Tradition erhalten. Aber eben auch dann, wenn es nur 30% der Wege sind. Die weitaus spannendere Frage wäre demnach gewesen, in welchem Umfang Bestehendes erhalten werden soll. An dieser Stelle helfen die Antworten auf Frage 17 weiter. Im Hinblick auf die Diskussion um die weitere Entwicklung des Kletterns in der Sächsischen Schweiz ist sie entscheidend, da sie differenzierte Antwortmöglichkeiten bot. Nachdem die meisten Teilnehmer laut Frage 15 zusätzlichen Bedarf an gut gesicherten Wegen sehen, wird hier gefragt, wo diese entstehen sollen.



Wie geht man mit diesem Ergebnis um? Wie wird man den unterschiedlichen Wünschen der Kletterer gerecht? Aus meiner Sicht gibt es zwei Möglichkeiten.
Variante 1: Man differenziert nicht und setzt Wünsche nur dann um, wenn es eine absolute Mehrheit dafür gibt. Das erreichen die Antwortmöglichkeiten f, b, c und e. Es würden also Sportklettermöglichkeiten in Steinbrüchen geschaffen. Die aktuelle nachträgliche-Ring-Regelung würde behutsam ausgebaut werden und alle (!) selten gekletterten Wege mit bergsportlich geringer Bedeutung würden auf nR-Nachrüstung hin überprüft werden. Und: Massive werden freigegeben.
Variante 2: Man sucht Kompromisse und teilt die Wege auf. Für das Maß empfiehlt sich ein Blick auf die Größenverhältnisse der Anhängerschaft der jeweiligen Position. 37% der Teilnehmer wünschen sich, Wege systematisch mit Ringen nachzurüsten (Antwort a). 30% der Teilnehmer wollen die Sicherungssituation nicht verbessern, stehen also für das traditionelle Klettern (Antwort g). Zwischen diesen beiden Extremen siedelt sich offenbar der Rest an. Ein möglicher Kompromiss wäre, ca. 6300 von über 17.000 Wegen der Sächsischen Schweiz (37%) systematisch mit Ringen nachzurüsten - wenn sich die Wegeanzahl im Wesentlichen nicht mehr erhöht. Selbstverständlich müssen dann 5100 Wege (30%) unangetastet bleiben. Eine andere Möglichkeit wäre es, Massive freizugeben und hier in entsprechender Anzahl gut gesicherte Wege einzurichten. Klassiker an den Gipfeln könnten dann so bleiben wie sie sind; unbedeutende Wege könnten behutsam nachgerüstet werden.
Doch was plant der SBB? Was soll laut Konzept zur Bergsportentwicklung umgesetzt werden?
Punkt 4: Massivklettern wird abgelehnt.
Laut Frage 17 befürworten 51% der Teilnehmer das Massivklettern. In der anschließenden Frage Nummer 18 wird danach gefragt, worauf die Teilnehmer für die Massive verzichten würden. Hier sind nur 44% willens, dafür etwas herzugeben. Man kann nur spekulieren, was mit den übrigen 7% (51% - 44%) ist. Möglicherweise kennen sie die Diskussion mit dem Nationalpark um den Tausch von Massivwänden gegen unbedeutende Gipfel nicht und/oder wollen die alten Kletterziele komplett erhalten. Klar ist, dass sie nicht gegen die Erschließung von Massiven sind – das war die vorherige Frage.
Punkt 5: Das Sportklettern in Steinbrüchen soll weiter ausgebaut werden.
Das ist in höchstem Maße begrüßenswert, hat jedoch mit dem Klettern in der Sächsischen Schweiz nichts zu tun.
Punkt 6: Im Rahmen eines Pilotprojektes sollen selten gekletterte Wege in einem klar abgegrenzten Felsbereich mit nachträglichen Ringen nachgerüstet werden.
Laut Veröffentlichung im SBB-Heft vom Januar 2015 sollen darüber hinaus innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre keine weiteren Wege nachgerüstet werden. Nach diesem Zeitraum soll sich über die weitere Vorgehensweise verständigt werden. Damit wird der Wunsch nach dem gezieltem Überprüfen (Antwort c) stattgegeben. Warum dies lediglich im Rahmen eines Pilotprojekts passieren soll, wird nicht erklärt. Warum die Maßnahmen mehrere Jahre dauern sollen und später eine erneute Diskussion angestoßen werden soll, obwohl keine neuen Argumente zu erwarten sind und sich die Kletterer bereits positioniert haben (mit 57% Zustimmung), wird ebenfalls nicht begründet.
Und das war’s. Der Wunsch, die bestehende nR-Reglung anzupassen, wird komplett ignoriert, obwohl dem 68% der Teilnehmer zustimmen. (Dann könnten z.B. nachträgliche Ringe installiert werden, wenn eine Kletterstelle lebensgefährlich ist. Das ist bisher kein hinreichendes Kriterium.) Der Forderung nach systematischer Nachrüstung wird nicht stattgegeben.
Der SBB betrachtet die Umfrage als repräsentativ und sieht sich als Vertreter aller sächsischen Kletterer. Dann versteht es sich von selbst, dass er nicht die eine oder andere Seite bevorzugen darf. Indem er sämtliche Forderungen nach modernem Klettern komplett ignoriert und die moderaten Forderungen nur in minimalem Umfang umsetzten will, tut er aber genau das. Obwohl der Möglichkeit „keine Erhöhung der Sicherungssituation“ lediglich 30% der Teilnehmer zustimmen, wird sie auf fast alle Wege angewandt. Die einzige Ausnahme ist das Pilotprojekt. Das ist schlichtweg skandalös und entbehrt jeglicher Grundlage.
Ich bitte den SBB um eine Antwort auf dieses Schreiben. Parallel habe ich eine Online-Petition gestartet, die den SBB auffordert, die Ergebnisse der Umfrage umzusetzen. Das Konzept zur Bergsportentwicklung muss auf den Ergebnissen der Umfrage basieren und die Wünsche der Kletterer wiederspiegeln!

Mit freundlichen Grüßen

Falk Zedler



Umfrageergebnisse und geplante Umsetzung im grafischen Vergleich:

www.falkzedler.de/aufeinenblick.jpg